Resilienztipp Nr. 27: Wie du die Klagespirale verlässt

«Er weiss genau, dass mich das wahnsinnig macht! Und trotzdem …»: So könnte die nächste Runde beginnen.

Sich etwas von der Seele reden, einfach mal abladen: Das tut gut. Weniger gut ist es, wenn auch der Gesprächspartner ins Klagelied einstimmt. Warum man solches Co-Ruminating vermeiden sollte und wie das geht, verrät Resilienztipp Nr. 27.

Vielleicht kennst du das: Du lädst bei einer Freundin all deinen Frust ab, der sich in den letzten Tagen bei dir angestaut hat. All die Dinge, die deine Partner verbockt hat, die Unfähigkeit deines Vorgesetzten, die Marotten deiner Nachbarn. Endlich hört dir jemand nicht nur zu, sondern stimmt sogar in dein Lied. Ihr fühlt euch eng miteinander verbunden, nichts kann euch entzweien. Ein Freund, der für einen da ist, ist unsäglich wertvoll. Gerade in schwierigen Zeiten ist es wichtig, dass man jemandem seine Sorgen anvertrauen kann. Wenn allerdings beide Gesprächspartner das selbe Lamento singen, verbessert das die Situation nicht. Im Gegenteil: Es verstärkt die negative Stimmung.

Gemeinsam frustriert, wieder und wieder

Die Psychologie beschreibt dieses Phänomen mit dem Begriff Co-Ruminating, was auf Deutsch soviel heisst wie «gemeinsames Wiederkäuen». Zwei oder mehr Menschen klagen gemeinsam über die immer gleichen negativen Themen. Für die eigene emotionale Gesundheit kann das gefährlich sein. Warum? Der amerikanische Psychologe Guy Winch misst hierbei der Langzeitwirkung von emotionalem Schmerz grosse Bedeutung bei. «Wenn man sich an körperlichen Schmerz erinnert, kommt der Schmerz nicht zurück. Emotionales Leid hingegen tut das. Wenn du einem Freund davon erzählst, wie du dir bei einem Sturz den Arm gebrochen hast, wird dir der Arm deswegen nicht wehtun. Wenn du aber erzählst, wie dein Mann dich letzten Monat verärgert hat, wirst du diesen Ärger mit voller Wucht wieder spüren. Und es braucht eine Weile, bis dieser Kummer wieder abgeklungen ist.»

Mitgefühl ja, Mitklagen nein

Dass das gemeinsame Klagen über Enttäuschungen, Frust und Verletzungen uns tatsächlich herunterzieht, haben Wissenschaftler 2017 in einer Studie herausgefunden. Das sogenannte Co-Ruminating verbreitet nicht nur schlechte Stimmung, sondern kann sogar Depressionen verstärken. Deinen Freunden und Kolleginnen gegenüber kein Mitgefühl mehr zu zeigen, wäre wohl der falsche Weg. Hier drei Ideen, wie du auch als empathischer Gesprächspartner die Negativspirale des Wiederkäuens vermeiden kannst:

1. Zuhören

Höre deinem Gegenüber aktiv zu. Dabei musst du nicht alles gutheissen. Indem du zurückhaltend mit deiner eigenen Meinung umgehst und immer wieder Fragen stellst, kannst du deinen Gesprächspartner ernstnehmen, ohne gleich in das Klagelied einzustimmen. Du nimmst eine neutrale Haltung ein, in der du die beschriebene Situation weder negativ noch positiv bewertest. Nimm das Gehörte einfach an – und auch die Gefühle, die es vielleicht in dir auslöst.

2. Wege aufzeigen

Beim extensiven und wiederkehrenden Klagen steht der Schmerz im Vordergrund, nicht die Lösung. Indem du als Gesprächspartner Auswege aufzeigst, kannst du mithelfen, diese Mechanik zu durchbrechen. Bringe ein Beispiel, wie in anderen Beziehungen Probleme gelöst werden konnten. Vielleicht ist dir schon etwas ähnliches passiert, und du hast einen Weg gefunden, damit umzugehen. Eine tolle Routine, um den Fokus auf Lösungen zu schärfen, ist das Dankbarkeitstagebuch. (Was es damit auf sich hat, zeigt unser Blogbeitrag )

3. Thema wechseln

Manchmal sind Menschen so in ihrer Situation gefangen, dass sie von Lösungsvorschlägen gar nichts hören wollen. Das kann für dich als Freundin oder Freund belastend sein – gerade wenn das Klagen Wochen oder Monate anhält. Sprich es ruhig an. Und wenn das nichts nützt, bleibt immer noch der Themenwechsel.

Möchtest du die Resilienz in deinem Team stärken? Vertiefte Impulse dazu gibt’s bei Human Empowerment Center.

(Bild: Greg Rosenke / unsplash)